Wie viel Kinderarbeit steckt im Handy?

Soziale Nachhaltigkeit von Produkten messbar

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Wie nachhaltig der gesamte Lebenszyklus eines Produktes auch in sozialer Hinsicht ist, kann in Zukunft durch einen neuen Leitfaden zur Sozialbilanz besser gezeigt werden. Erstellt wurde dieses Instrument von einer internationalen Expertengruppe, deren Koordination dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen UNEP oblag.

«Bisherige Instrumente wie etwa das Fairtrade-Label nahmen stets Teilaspekte wie etwa die Arbeitsbedingungen der Produzenten unter die Lupe. Mit der Sozialbilanz kann erstmals die soziale Nachhaltigkeit eines Produkts über dessen gesamte Lebensdauer beschrieben werden», berichtet Siddharth Prakash, Forscher am Öko-Institut.

Alle Aspekte überprüfen

Neben der Rohstoffgewinnung und Herstellung könnten erstmals auch die Phasen des Transports, der Nutzung und Entsorgung berücksichtigt werden. Ausserdem werden die sozialen Aspekte für mehrere Interessengruppen bilanziert. «Mitarbeiter der Betriebe, Lieferanten und Verbraucher werden ebenso wie lokale Gemeinden oder die Gesamtgesellschaft in die Analyse einbezogen», so Prakash. Fallstudien sollen in einem zweiten Schritt den Werdegang von Beispielprodukten beschreiben, wofür die Forscher auf die Mitarbeit der Industrie hoffen.

Der neue Ansatz versucht, bestimmte Sozialindikatoren spezifisch nach den Standorten zu untersuchen. «Mitarbeiter-Zufriedenheit definiert sich in Europa etwa durch die Möglichkeit eines bezahlten Urlaubs, während in Indien der gerechte Lohn im Vordergrund steht.»

Andere Kriterien wie etwa Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz gelten hingegen unabhängig von geografischen Gegebenheiten. «Für diese Erhebung kann etwa die Anzahl der tödlichen Arbeitsunfälle, die Belastung durch Lärm, Geruch, Staub oder unzureichende Beleuchtung sowie der Zugang zu sauberem Trinkwasser analysiert werden.»

Kinderarbeit als Indikator

Der Anteil der Kinderarbeit an einem Produkt, die Korruption eines Landes, die Berücksichtigung intellektueller Eigentumsrechte sowie auch das Engagement eines Unternehmens für die lokale Gemeinschaft bilden weitere wichtige Indikatoren. 35 Sozialindikatoren wurden insgesamt auf Basis einer Analyse bestehender Richtlinien und Standards definiert. Besonders hilfreich waren zum Beispiel die Empfehlungen der Global Reporting Initiative oder von OECD-Richtlinien für multinationale Unternehmen.

Schwierige Erhebung

«Der Arbeitsaufwand für die Erhebung der Daten zu sozialen Aspekten sollte nicht unterschätzt werden», betont Prakash. Verständlich wird die Herausforderung etwa am Beispiel komplexer Produkte wie der Computer. Einerseits verfügen Elektronikgeräte eine Vielzahl von Teilen - beim Laptop sind es etwa über 1800 - weshalb man sich hier auf Schlüsselaspekte, so genannte «Hotspots», konzentrieren müsse. Andererseits würden Firmen dasselbe Produkt oft an verschiedenen Standorten unter sehr unterschiedlichen Bedingungen erzeugen, wodurch eine Erhebung vor Ort nötig sei.

Zugute kommen kann die Verwendung dieser Methodik vor allem Firmen, die sich im Vergleich mit regionalen Mitbewerbern überdurchschnittlich für gerechte Arbeitsbedingungen einsetzen. «Es soll Unternehmen ein Ansporn sein, mehr sozial nachhaltige Produkte auf den Markt zu bringen oder die Fertigung vor allem dort anzusiedeln, wo die Standards eingehalten werden», erklärt Prakash.

Konsument hätte Einfluss

Eine entsprechende Kennzeichnung käme auch sozial bewussten Konsumenten zugute, die somit ähnliche Produkte nach ihrer Sozialbilanz vergleichen können. «Erhebungen zeigen, dass die Mehrheit bereit ist, einen höheren Preis zu zahlen, wenn die soziale Bilanz eines Produktes positiv ist.»

Die Ausrottung fragwürdiger Arbeitsbedingungen könne allerdings nicht nur auf freiwilligen Massnahmen beruhen, sondern sei auf staatliches Engagement ähnlich wie bei den Gefahrenstoff-Richtlinien angewiesen. «Wenn es beispielweise um die Produktion und den Handel in den Sonderwirtschaftszonen in China oder Indien geht, sind strenge staatliche Vorgaben unerlässlich», so Prakash abschliessend.


Quelle: pte

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